
Zerreißen eines Testaments und die Folgen
OLG Frankfurt a.M, Beschluss vom 29.04.2025 – 21 W26/25
Reicht es, ein Testament zu zerreißen, um es unwirksam zu machen? Was auf den ersten Blick einfach klingt, kann für Angehörige zu einem großen Problem werden. Denn über genau diese Frage musste das Oberlandesgericht Frankfurt am 29. April 2025 entscheiden.
Die Ehefrau und die Mutter des kinderlos Verstorbenen erhielten nach seinem Tod einen gemeinschaftlichen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge, in dem die Mutter zu einem Viertel, die Ehefrau zu drei Vierteln als Erbinnen ausgewiesen waren. Kurze Zeit später tauchte ein handschriftliches Testament, das mittig zerrissen war, in einem Schließfach des Verstorbenen auf. In dem Testament hatte der Verstorbene seine frühere Ehefrau zur Erbin bestimmt. Diese versuchte, den bestehenden Erbschein einziehen zu lassen, und verursachte dadurch den Angehörigen des Verstorbenen erheblichen Ärger.
Das Gericht stellte klar, dass das Zerreißen durch den Erblasser eine Widerrufshandlung im Sinne des § 2255 S. 2 BGB darstellt. Die Vorschrift begründet eine Vermutung, dass beim Vernichten des Testaments auch ein Widerruf gewollt ist. Die Vermutung ist aber widerlegbar, was dem Kläger hier jedoch nicht gelang. Denn letztlich ließ sich überhaupt nicht aufklären, was der Verstorbene durch die Vernichtung des Testaments erreichen wollte.

Anhaltspunkte, dass das Testament durch einen Dritten vernichtet wurde, bestanden jedenfalls nicht. Auch eine Zeugenaussage eines Bankmitarbeiters belegte, dass das Dokument vom Verstorbenen bereits in dieser Form verwahrt wurde. Andere Personen hatten zu Lebzeiten keinen Zugriff auf das Schließfach, weil dafür keine Vollmacht erteilt war. Es deutete also insbesondere nichts darauf hin, dass das Testament durch die Ehefrau oder die Mutter zerrissen wurde.
Das Aufbewahren des zerrissenen Testaments widerlegte die genannte Vermutung im konkreten Fall nicht. Der Erblasser habe das Schließfach ausweislich der dokumentierten 31 Öffnungen nicht ausschließlich zur Aufbewahrung eines ungültigen Testaments angemietet. Auch betrachtete das Gericht Zeugenaussagen, wonach der Verstorbene nicht gewollt habe, dass seine neue Ehefrau Alleinerbin wird, nicht als entscheidend.
Der Fall macht deutlich: Wer sein Testament nur zerreißt, riskiert langwierige Streitigkeiten und Gerichtsverfahren. Weshalb er das Testament aber trotz Vernichtung aufbewahrt hat, bleibt letztlich ungeklärt. Ob durch die Entscheidung also der Wille des Verstorbenen umgesetzt wird, lässt sich nicht endgültig feststellen. Selbst wenn der Erblasser wirklich gewollt hatte, dass seine zweite Ehefrau und seine Mutter nach gesetzlicher Erbfolge gemeinsam erben, bedeutete sein Verhalten für diese unnötige Unsicherheit und Kosten. Wer klare Verhältnisse schaffen möchte, sollte seinen letzten Willen oder dessen Widerruf durch ein notarielles Testament regeln. Das sorgt für Rechtssicherheit und beugt Streitigkeiten vor.