Schenkung von Immobilien an Minderjährige
Aktuelle Entscheidung des OLG München zur Beteiligung des Familiengericht bei Übertragung eines Miteigentumsanteils
Immobilienschenkungen an Minderjährige bedürfen in vielen Fällen der Mitwirkung des Familiengerichts. Bei der Nachfolgeplanung gilt es dies zu berücksichtigen. Denn dieser Schutz Minderjähriger führt zu höheren Kosten und zu einer längeren Verfahrensdauer. Gerade wenn steuerliche oder wirtschaftliche Aspekte bei der Übertragung im Vordergrund stehen, gilt es dies gegen die möglichen Vorteile abzuwägen oder anderweitige Gestaltungsmöglichkeiten zu wählen.
Zum einen kann eine Genehmigung des Vertrages durch das Familiengericht erforderlich werden. Wann das der Fall ist, ist im Gesetz abschließend geregelt und ist von den genauen Umständen der Übertragung abhängig. Eine Genehmigung ist etwa dann erforderlich, wenn dem Minderjährigen eine Wohnung in einem Mehrparteienhaus übertragen werden soll.
Zum anderen kann die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich werden, wenn der Vertrag zwischen dem Kind auf der einen und Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern auf der anderen Seite geschlossen wird. Der Ergänzungspfleger unterzeichnet dann den Vertrag anstelle des oder der Sorgeberechtigten. Er darf seinerseits Vertrauensperson des Kindes sein, aber kein eigenes Interesse am Vertrag haben. Als unabhängiger Dritter trägt er die Pflicht, die Interessen des minderjährigen Kindes zu wahren. Denn wenn die Übertragung für den Minderjährigen (jedenfalls theoretische) Nachteile haben kann, besteht das Risiko eines Interessenskonflikts zwischen Schenker und Beschenktem. Ist dagegen von Anfang an absehbar, dass für den Minderjährigen keine Nachteile drohen, der Vertrag also rein rechtlich vorteilhaft ist, kann kein Interessenskonflikt bestehen und die Eltern dürfen zugleich für ihr Kind, also auf beiden Seiten des Vertrages auftreten.
Wann rechtliche Nachteile drohen, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern muss unter Zugrundelegung der dazu umfangreich vorhandenen Gerichtspraxis ermittelt werden. So soll etwa allein der Umstand, dass der Minderjährige Grunderwerbsteuer zahlen muss, keinen rechtlichen Nachteil darstellen. Anders kann die Situation liegen, wenn der Grundbesitz belastet ist, wobei eine noch bestehende Grundschuld nicht zwingend einen Nachteil bedeutet. Ein Ergänzungspfleger wird aber bei einem vermieteten Objekt oder bei Wohnungseigentum erforderlich. Sowohl aus dem Mietvertrag als auch aus Beschlüssen der Miteigentümer können sich nämlich erhebliche finanzielle Pflichten für den Minderjährigen ergeben.
In einer aktuellen Entscheidung hatte sich nun das Oberlandesgericht München mit der Frage befasst, ob eine Übertragung schon deswegen nicht mehr rein vorteilhaft ist, weil dem Minderjährigen das Grundstück nicht zu Alleineigentum, sondern nur teilweise übertragen wird (also zu sog. Miteigentum). Das OLG geht, ähnlich wie kurz zuvor das Kammergericht Berlin, davon aus, dass der Minderjährige in dieser Konstellation erheblichen Risiken ausgesetzt sein kann. Denn ähnlich der Situation bei einer Eigentumswohnung kann er durch Entscheidungen der Miteigentümer finanziell verpflichtet werden. Vergleichbar sei die Situation jedenfalls dann, wenn das betreffende Grundstück bebaut ist.
Relevant ist die Frage für die Praxis insbesondere deswegen, weil bei hochwertigen Immobilien zur Ausnutzung von Steuerfreibeträgen möglicherweise nicht die gesamte Immobilie sofort, sondern nur in Teilen auf den Minderjährigen übergehen soll. Außerdem kann es gewollt sein, dass ein Grundstück nicht auf eines, sondern auf mehrere Kinder übertragen wird. In diesen Fällen ist also bis auf weiteres zur Sicherheit ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Zwar bleibt abzuwarten, ob in einer weiteren Instanz der Bundesgerichtshof mit der betreffenden Frage befasst wird. Andernfalls bleibt der Vertrag aber möglicherweise bis zur Volljährigkeit (schwebend) unwirksam.
Wie zu allen Fragen der vorweggenommenen Erbfolge und Nachfolgeplanung beraten wir Sie natürlich gerne.